HISTORISCHE DEMOGRAPHIE
Die historische Demographie, die sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als wissenschaftliches Fachgebiet etablierte, beschäftigt sich mit der langfristigen Untersuchung demographischer Variablen. Sie analysiert die zyklischen Schwankungen und langfristigen Bewegungen der verschiedenen Bevölkerungsgrößen, wie auch die Auswirkungen der ökonomischen und sozialen Strukturkrisen auf die demographischen Endgrößen. Basierend auf den traditionellen Zensus über Größe, Wachstum und Struktur der Bevölkerung und über die Abgrenzung gegenüber der traditionellen Demographie, aber auch gegenüber der Demographie allgemein, analysiert die historische Demographie das langfristige demographische Verhalten im griechischen und europäischen Raum mit dem Ziel besondere Merkmale, Transformationen und Mechanismen des Bevölkerungswandels aufzuzeigen.Das Fachgebiet orientiert sich
- an der Kritik über verfügbare diachronische Quellen und über Methoden der Bevölkerungslehre.
- an den Formen und Strukturen einer Siedlungsweise, die erlaubt, Fragen über Interdependenzen demographischer Ereignisse in Bezug auf die Umwelt aufzuwerfen.
- an der Vertiefung anthropologischer Fragestellungen bezüglich der Beziehungen zwischen natürlicher und sozialer Demographie und
- an der Dokumentation des demographischen Gleichgewichts und der Perspektiven des kulturellen Einflusses auf das reproduktive Verhalten.
Die Krisen der sozialen und wirtschaftlichen Gesellschaftsstruktur dominieren das neue Fachgebiet. Die Historische Demographie beschäftigt sich mit der Problematik der zyklischen Schwankungen der Weltwirtschaft und der langfristigen Bevölkerungsbewegungen und leistet einen wesentlichen Beitrag zu derer Erforschung. Hauptprobleme sind die Methoden der Datenerhebung und der Bevölkerungsschätzungen, die je nach Zusammensetzung und Entwicklungsstand der jeweiligen Staaten variieren.
Ziel der Lehre und Forschung der Historischen Demographie ist die Einführung und Vertiefung der Überprüfungsmethoden demographischer Daten, die sich sowohl auf Regelmäßigkeiten wie auch auf Unregelmäßigkeiten der Bevölkerungsentwicklung beziehen. Die Realisierung dieses Zieles soll zusammenhängende Antworten im größtmöglichen geographischen und zeitlichen Rahmen verschiedener gesellschaftlicher Situationen geben. Diese basieren auf der wissenschaftlichen Erforschung des Bevölkerungsverhaltens das folgendermaßen aufgezeichnet wurde:
- in einem paläodemographischen Stadium, das heißt zu einer Zeit in der die Bevölkerungslehre ohne Archive arbeitete.
- durch vor-statistische Quellen (Gemeinderegister über die städtische Bevölkerung, Geburten, Eheschliessungen, Todesfälle, Taufen usw.). Der junge historische Demograph wird in die Analysemethoden und Techniken solcher Quellen eingeführt und spezialisiert, so dass er in der Lage ist, Familienstrukturen (d.h. Typologien, Stammbäume, Altersgruppen, demographische Zwischen- und Endgrößen) zu rekonstruieren. Ebenso wird er befähigt, demographische Systeme zusammenzustellen und zu hierarchisieren und die variierenden Geburtsraten verschiedener Bevölkerungszonen zu interpretieren.
- durch statistische Quellen, die demographisches Verhalten erkennen lassen, wie zufälliges, (bestimmt durch ökonomische und politische Krisen) jahreszeitliches (im Zusammenhang mit der Arbeitsbelastung) und strukturelles (Migrationsbewegungen, Landflucht von überbevölkerten, ländlichen Gebieten in urbane Zentren, Informationen zur Bevölkerungszusammensetzung und βentwicklung, Angaben zur familienzentrierten Mikrodemographie und Entwicklungen weitgreifender Probleme der sozialen Demographie).
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durch den Zusammenhang zwischen demographischen Ereignissen und der natürlichen Umwelt wie auch der Beziehung zwischen Ökologie und Demographie. Diese Vernetzung führt zu den folgenden Forschungsfeldern:
- dasjenige, der klassischen Entwicklungs- und Krisenanalyse, die sich am Angebot der Produktionsfaktoren und der Nachfrage nach ökonomischen und sozialen Produkten orientiert.
- dasjenige, der Umweltnosologie, die eine wichtige Rolle in der langfristigen Analyse der Sozialgeschichte und im Speziellen der Analyse der zyklischen Schwankungen und Krisen spielt.
- durch die Vertiefung anthropologischer Fragestellungen, die sich von den unzähligen Ausdrucksformen moralischen Wandels in der menschlichen Mentalität bis zur Kultur der Ethik, wie es beispielsweise bei der Empfängnis und Schwangerschaftsverhütung oder dem sozialen Umgang mit dem Tod der Fall ist, erstrecken.
- durch die Studie der Institution "Familie" mit dem Ziel, das zugrunde liegende, kulturelle Muster zu erforschen und zu interpretieren, im Zusammenhang mit Modernismen langer Dauer (Rolle der Frau, Ehepartnerwahl, Masseninvestition in die Ausbildung usw.) wie auch die Infragestellung der auf das kulturelle Christentum basierenden Werte, welche im Laufe der vergangenen zwei Jahrhunderte umstrukturiert wurden.
- durch die Studie des kulturellen Faktors in Bezug auf das Fruchtbarkeitsverhalten, das von den Verbesserungen der Gesundheitsbedingungen und der Wohlfahrt, von der Erhöhung des Bildungsniveaus, dem Einklang der sozialen Werte mit dem Lebensstandard und der Erneuerung der Generationen, den Folgen der Alterung der Bevölkerung, dem demographischen Druck auf Reichtumsquellen und auf die neuen Erscheinungen, die diesen Druck beeinflussen (Umweltverschmutzung, Wasserknappheit, Korruption, Wandel in der Raumnutzung, Minderheitsgruppen usw.) abhängig ist.